Akkulturation und Identität(en) jenseits des Mittelmeers: Zur Wahrnehmung kultureller Differenz im Kitāb al-Iʾtibār des Usama ibn-Munqidh und in der Historia Hierosolymitana des Fulcher von Chartres / ZMS - Working Paper Nr. 9
Synopsis
Die Eroberung der Levante durch die Kreuzfahrer und die nachfolgende Besiedlung Palästinas charakterisierte unlängst Jonathan Phillips als „religiöse Kolonialisierung“1. Nikolas Jaspert ordnet die Vorgänge in den weiteren Kontext der europäischen Expansion ein, da ähnlich wie jenseits des Mittelmeeres zur selben Zeit auch im Baltikum und auf der iberischen Halbinsel christliche Siedlungen angelegt worden seien, deren Gründung in ganz ähnlichen Bahnen verlief. Jaspert nennt hier insbesondere die Inbesitznahme des Landes durch eine ritterliche Elite, die nachfolgende Immigration von Bauern, die das Land bewirtschaften konnten und die Entwicklung von privilegierten Städten. Zugleich weist er aber auch auf wesentliche Unterschiede hin: So sei die ursprüngliche Intention der Kreuzfahrer bei der Inbesitznahme Palästinas nicht nur in der territorialen Expansion zum Zweck des Landgewinns zu sehen; vielmehr war sie zu einem nicht unwesentlichen Teil auch religiös motiviert2. Immerhin, so Jaspert weiter, eroberten die Kreuzfahrer das verheißene Land, das aus der Bibel bekannt war3. Den Kreuzzügen in das Heilige Land kommt somit eine exponierte Bedeutung im Kontext der territorialen Expansion zu4, auf die im Folgenden zunächst näher einzugehen ist, um die äußeren Rahmenbedingungen zu umreißen.