Inklusive Begabungsforderung im Deutschunterricht: Ressourcensensibles Lernen am Beispiel eines Unterrichtssettings zur Bewusstwerdung des eigenen Schreibprozesses
Synopsis
Wenn das Konzept Inklusion als ein solches ressourcenorientiertes individualisiertes Lernen im Gemeinsamen gedacht wird, scheint bislang noch ein Desiderat auf. Diese Lücke möchte die vorliegende Arbeit zu füllen helfen – mithilfe einer Konstruktion, Erprobung und Auswertung eines Unterrichtssettings mit Fokus auf die Potenzialentwicklung von Lernenden in ihrer Unterschiedlichkeit, ihrer Diversität.
In der vorgelegten Studie stehen somit Schüler*innen im Vordergrund: Mit welchen sprachlichen Ressourcen („Begabung“) kommen sie in den Deutschunterricht? Wie sollte Deutschunterricht aussehen, damit er ihnen ein individuelles, ressourcensensibles Lernen bieten kann?
Vor diesem Hintergrund werden zunächst der Lerngegenstand „Schreibprozesse“ mit seiner Passung für die Lerner*innen ausgeleuchtet sowie Voraussetzungen eines ressourcensensiblen Lernangebots formuliert, um den Lerner*innen individuell passende Lernwege unabhängig von Diagnose- und Förderfragen zu eröffnen. Zudem geraten für die Lerner*innen passende Lernziele – und damit nach dem Was und Wie auch das Wozu in den Blick. Anschließend werden ein Unterrichtssetting – in dessen Mittelpunkt die écriture automatique bzw. das automatische Schreiben steht – und dessen wissenschaftlich begleitete Durchführung in drei 9. Klassen präsentiert. Die gesammelten Daten werden mit Blick auf die gegangenen Lernwege und erreichten Lernziele der einzelnen Schüler*innen ausgewertet und zu (Lern-)Tendenzen zusammengefasst. Diese wiederum werden in Fallvergleichen auf die Frage hin diskutiert, ob hier tatsächlich ressourcensensibles Lernen stattgefunden hat.
Die Ergebnisse zeigen: Das entwickelte Setting stellt eine Lernumwelt bereit, in der sowohl individuelles als auch gemeinschaftliches Lernen möglich ist, da es direkt an den Potenzialen der einzelnen Lerner*innen anknüpft, aber gleichzeitig auf den Austausch in der Kleingruppe angewiesen ist. Es entsteht ein Erfahrungsraum, der durch eine unterstützte Reflexion in der Retrospektive zum Lernraum werden kann und viele weitere Erfahrungen als Lernräume erschließen lässt. Das Setting eignet sich somit für begabungssensibles Lernen in einem inklusiven Regelunterricht Deutsch und ist ein Beispiel dafür, wie Inklusion weit gedacht werden kann.
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